Nach langem Überlegen haben wir uns dafür entschieden, unseren kleinen Austin Seven aus dem Jahr 1961 zu restaurieren. Denn es wäre einfach zu schade, wenn er den Rest seines Lebens in einem Hof verbringen muss.
Der kleine Austin ist alt, sehr alt... so alt, dass BMC den Austin noch nicht einmal "Mini" genannt hat. Damals hat BMC die neue Kreation aus Markting- Gründen nach dem "Austin Seven" benannt, der in den 1930er Jahren berühmt und erfolgreich unterwegs war.
Dieser Austin hat den größten Teil seiner Zeit in Bristol UK verbracht, wobei er nur von 1961 bis 1984 auf den englischen Straßen gefahren ist.
Er stand dann von 1984 bis zu seiner Ausführung 2008 nach DE.
-Rechtslenker Saloon in Midnight blue (Originalfarbe ist aber BMC Clipper blue gewesen).
-A Serie 848cc Standard Motor mit HS2 Vergaser.
-Pre Verto Kupplung.
- Magic Wand Schaltgetriebe.
-Allround Trommelbremsen.
-3,5Jx10 Stahlfelgen.
Wir haben es vor, dem kleinen Austin mit so wenig Neuteilen wie möglich wieder zu seinem alten Glanz zu verhelfen. Nur so weit, dass man noch fast alles, was er erlebt hat, spüren kann - genau wie jeder Klassiker aussehen sollte.
Auf den ersten Blick sieht der Austin noch solide und fast komplett aus. Doch bei der Zerlegung werden sicherlich Überraschungen gefunden...
Der Motor wurde zerlegt und wird nun bearbeitet. Motorkomponenten, die weiterverwendet werden können, werden aufbereitet und Verschleißteile, die getauscht werden müssen, werden getauscht.
Der Motorblock, sowie die Kurbelwelle sehen noch sehr gut aus.
Zusammen mit dem Zylinderkopf, den Ventilen...usw. werden die Motorteile frisch gemacht.
Und so sieht das Ganze nach der Bearbeitung aus..
Der Motor ist nun wieder zusammengebaut und neu gestrichen mit frischem grünen Lack.
Folgende Teile wurden getauscht:
Kupplung, Schwungradschraube, Ölpumpe, Öldruckschalter, Öldruckventil, Pleuellager Standardmaß, Kurbelwellenlager Standardmaß, Stößelbecher, Dichtungen, Thermostat, Wasserpumpe, Lüfter und Vergaser-Überholungssatz.
Und so sieht der Motor im Moment aus...er muss jedoch vorerst bei Seite stehen, da wir mit der Karosserie gerade voll zu tun haben...wir sind aber froh, dass wir mit dem Motor soweit gut voran gekommen sind.
Als Faustregel bei den Minis gilt: "Ein Mini mit einer guten Karosserie ist ein guter Mini". Man kann alles reparieren, aber vernünftige Blecharbeit kann/wird sehr Teuer sein. In unserem Fall wurde damals schon mal eine Blecharbeit vorgenommen...oder zu mindestens "versucht"..klar, viele Stellen wurden einfach sehr schlecht gemacht...hier ein Beispiel..
Die Radträger-Aufnahmen, das Rückbank- und Seitenblech sowie der Bereich des Kofferraumbodens wurden mit viel GFK und Bauschaum ausgeflickt.. ...eine sehr unangenehme "Überraschung" -das darf nicht so bleiben..zusammen mit neuer Türhaut, A-Säulen, Kotflügel (innen und außen) werden diese Stellen gegen original BMHC Bleche ausgetauscht.
Dafür war das Bodenblech, sowie die seltene originale MK1 runde Frontschürze erstaunlicherweise in einem guten Zustand.. das ist schon mal nicht schlecht.
Nach der IMM Pause ist die Arbeit an der Karosserie fortgesetzt...nur diesmal etwas intensiver.
Es sieht erstmal so aus, als ob wir die Karosseriearbeit rückwärts durchführen..die Kotflügel sind jetzt abgekapselt und die Frontschürze ist zunächst dran. Apropos Frontschürze, wer schon mal einen frühen Mk1 Mini restauriert hat weiß die originale Mk1 geschlossene Frontschürze zu schätzen. Ein Ersatz von Heritage gibt es dafür leider nicht...zum Glück können wir die Frontschürze retten. Der Austin soll schon authentisch aussehen.
Wie erwartet war der Innenkotflügel inkl. A-Säule abgegammelt..Also muss er eine komplette neue Nase bekommen.
Bei solch einem großen Projekt, braucht man ab und zu eine kleine Ablenkungsaufgabe...sonst sieht man nur schwarz.
Die Einzelteile brauchen auch Liebe oder? Klar doch..besonders bei den frühen Mk1 Mini-Modellen sollte man lieber nichts wegwerfen..denn die kleinsten Sachen unersetzlich sind, und wenn doch dann für teures Geld. Hier ein Beispiel
Die frühen Modellen 1959-1963 BJ hatten sie sogenannte "Recirculatory" Heizungen. Wie der Name verrät, funktioniert dies so ähnlich wie ein Backoffen mit der Umluft-Funktion. Der Lüfter saugt die Heißluft vom Heizkörper auf und verteilt die Warmluft durch die untere Klappe...sehr einfache Technik.
Die Einzelteile (sogar die SMITHS Plättchen) wurden demontiert, mit einer Drahtbürste entrostet und mit frischem schwarzem Schrumpflack neu lackiert...Die Ergebnisse können sich sehen lassen.
Der Heizkörper bzw. Kühler ist leider so korrodiert, zum Glück gibt es Ersatz dafür bei den Mk1-Mini Spezialisten.
und schon ist alles vorbereitet ;-)
Der Anlasser und das Dynamo sind nun dran. Diese wurden auf die Funktionalität getestet...also nur noch sauber machen, schleifen und dann neu lackieren.
Uns war von Anfang an klar, dass der Innenraum viel Arbeit in Anspruch nimmt. Wir wollten aber retten, was wir retten können.
Aber manchmal muss es einfach neu sein...der Bezug des unteren Teils der Rücksitzbank ist nicht zu retten.
Nun ein wichtiger Hinweis an alle, die auch sehr frühe Mini-Modelle restaurieren (1959-Okt 1961).
Exklusiv bei diesen Baujahren ist in den Zwischenräumen (Scheibenrahmen, Schweller und A- Säule) Schaum zusehen. Wer sich mit den Modellen nicht auskennt, nimmt an, dass am Mini früher rumgebastelt wurde. In unserem Fall war der Schaum perfekt in engsten Räumen verteilt, wo niemand mit einer Presspistole hinkommen könnte. Sogar unser Karroseriebauer war überrascht, nach all den Minis die er restauriert hat.
Nach vielen Recherchen haben wir folgendes gelernt:
-Es handelt sich tatsächlich um eine von BMC ( Minis 1959-1961 Austin Seven bis VIN 41416, Seven Van bis VIN 10956 und Seven Countryman bis VIN 2203) ab Werk bei der Montage durchgeführte Maßnahme. Der Karosserieschaum wird unter speziellen Werksbedingungen in die Zwischenräume gepresst.
Diese Maßnahme zeigte die Wirkung, dass die frühen Mk1 Minis im Vergleich zu den späteren Modellen solidere Karosserien aufwiesen. Der einzige Nachteil ist, dass man, wenn man die Bleche doch ersetzen muss, erst den ganzen Schaum entfernen muss, was nicht einfach ist...
Jetzt haben wir dieses Kapitel schon hinter uns. Viele neue Bleche sind nun teilweise schon geschweißt und warten nun auf die Frontschürtze.
Der kleine Austin kam schon im Jahr 2008 komplett mit alles drum und dran. Ein paar Kleinigkeiten waren aber nachgerüstet bzw. nicht zeitgenössisch, wie z.B der Tachometer, die Schiebefenster- Chromverschlüsse, das Heizungsventil und die Ventildeckel-Kappe.
Der Tachometer, der im Austin schon verbaut war, war von einem anderen späteren Modell (ab 1964er BJ). Also haben wir uns auf die Suche nach einem originalen Austin Seven Tachometer mit der roten Anzeige gemacht (ein neues nachgebautes Teil zu verbauen kam nicht in Frage). Dieses Teil ist aber besonders schwer zu finden, zum Glück war der Tachometer von den Mk1 Morris Mini Minor Modellen etwas leichter zu finden.
Die Schiebefenster- Verschlüsse waren bei den ganz führen Modellen (1959-1963) sehr authentisch. Sie waren nicht aus Kunststoff, sondern aus Metall. Natürlich wurden die in unserem Austin verbauten, gegen die aus Kunststoff ausgetauscht. Und wieder Mal waren wir auf der Suche, nach einem seltenen und sehr teuren Teil...nach mehrer Monaten hatten wir endlich Glück, einen kompletten 4er Satz für links und rechts gefunden zu haben.
Die originalen Verschlüsse haben von der hinterer Seite eine 72347.. Nummer drauf geprägt.
Die verbaute Ventildeckel- Kappe (aus Kunststoff) müsste ebenfalls gegen eine andere aus Metall getauscht werden.
Das Heizungsventil müssten wir aus einem anderen führen 850er Zylinderkopf nehmen...dieses Teil gibts nämlich gar nicht mehr.
Der Hahn sitzt fest...eine Überholung ist erforderlich.
Das Tachogehäuse wurde auch überholt. Vorsicht: Das original Tachogehäuse besteht aus festgepresster Pappe. Also lieber mit der Hand abschleifen und bei der Lackierung nicht nass schleifen.
Und so seiht es jetzt aus
Noch mehr Kleinteile, die wir zum Glück retten konnten.
Der Rückspiegel sieht einzigartig aus (Rahmenloses Spiegelglas)
Die Karosserie ist auch mittlerweile fertig zusammen gepuzzelt und sogar noch rollbereit.
Der Lack soll nun runter, der kleine Austin muss vom Grund auf bearbeitet werden. Wir haben nun eine schöne rostfreie Mini-Karosse.
Zum Thema Sandstrahlen oder im Säurebad entlacken:
-Grundsätzlich finden wir die beide Methoden für unsere Mini-Karosserie nicht empfehlungswert.
-Das Mini Design und die Form machen das chemische Entlacken besonders ungeeignet. Die Säure sammelt sich in den Zwischenräumen und Kanälen (egal wie gründlich die Karosserie abgetupft wird) und wird entweder beim Lackieren durch die Lackiererpistole raus gepustet (was den Lack versaut) oder zu einem spätere Zeitpunkt rauslaufen.
-Die Sandstrahlen kann in unserem Fall (da viel Originalblech noch intakt ist) das über 60 Jahre alte Blech beschädigen.
Wir haben uns daher entschieden, die Entlackung mit der chemischen Behandlung (Lackabeizer) fortzusetzen. Eine mühsame Arbeit, aber es wird sich lohnen.
Fortsetzung folgt...
Aktualisiert am 09.11.2023